Richard Dorfmeister

michael rütten im gespräch

MICHAEL RÜTTEN IM GESPRÄCH

Going with the flow
Foto: Detlef Kinsler

Foto: Detlef Kinsler
Mit 15 Jahren soulsearching-Radioshow feiert Michael Rütten ein beachtliches Jubiläum. Dem DJ und Journalisten ging es immer um “seelenvolle Musik”. Jetzt holt er Richard Dorfmeister ins Enzo Barboni.
JOURNAL FRANKFURT: Was faziniert Dich besonders an Dorfmeister, seiner Arbeit und warum ist er der Richtige, um diesen Geburtstag zu feiern?
Michael Rütten: Dazu erst einmal ein Zitat von Richard Dorfmeister: “Es ist schon unglaublich, welch positive Energie gute Musik haben kann… Wenn es dann gelingt, diese Energie auch auf das Publikum zu projizieren, dann ergibt sich durch die Schwingungen der Basswellen und der Harmonien ein Hochgefühl, das unschlagbar ist…”

So ähnlich sehe ich es auch. Dies ist auch einer der Gründe, warum ich immer noch sehr gerne im Club auflege. Und das verbindet Richard und mich schon seit Mitte der 90er, als ich ihn zusammen mit Peter Kruder anlässlich eines Heinerfest-Specials in der gerade neu eröffneten Centralstation vor ausverkauftem Haus mit einem Warm-up set unterstützte. Vorher hatte ich mir die beiden schon öfters im legendären Lissania Essay Club angehört, in kleinerem Rahmen, am Anfang ihrer großartigen Karriere. Richard schafft es, in seinen Sets genau den Sound herüberzubringen, den er auch produziert. Was nicht heißt, dass Downtempo-TripHop läuft, sondern dieser spezielle K&D- und Tosca-Sound sich überträgt in die Auswahl seiner Uptempo/Housesets. Und auch wenn er durch all das Auflegen in großen Hallen und den wichtigsten Clubs der Welt oft mehr dem 4/4 Beat zugetan ist, wird gerade unsere Session im sehr kleinen Rahmen im ENZO dazu führen, dass Richard mehr und mehr seine Specials aus den Bereichen Reggae, Dub, Soul, Funk, Jazz und auch mal Folk herauskramt. Wie bei seiner tollen “Private Collection”-CD (G-Stone) letztes Jahr.

Der mittlerweile mit seiner Familie in Zürich lebende sympathische Wiener hat die Bodenhaftung nie verloren und ist immer offen geblieben für neue Projekte und auch mal für ihn eher unkonventionelle Clubsituationen. Über die Jahre war er immer wieder in losen Abständen mein Gast bei den soulsearching-Sessions, sei es im damaligen Spaße Place oder dem Hafen2. Musikalisch ergänzen sich unsere Sets zu einer durchaus tanzbaren Mischung aus den verschiedenen Bereichen, die soulsearching so seit 15 Jahren vertritt und vorstellt. Oft auch exklusives , was zunächst nur in unseren Sets zu hören sein wird. Dorfmeister arbeitet gerade mit Kruder an einem Album, eventuell gibt’s da was zu hören, und ich habe etliche neue Sachen hier von den Leuten, die ich nächstes Jahr auf der Bühne präsentieren werde.

Das Enzo – der fast als “privat” zu bezeichnete Rahmen: was macht diese Location aus, was werdet ihr auflegen und wie wird das Ganze zu einer faszinierend Einheit aus Tönen, Atmo und Ambiente?
Der gesamte Rahmen und die Atmosphäre sind wichtig. Das fängt bei einem ausgiebigen Soundcheck mit der Liebe zum Detail an, wir machen das immer zusammen, sobald ich ihn vom Flughafen abgeholt habe. Dann der Raum: Enzo Barboni ist eine Art Privatclub, circa 250 Leute passen da rein, meist promoten wir die Abende nur via E-Mail-Verteiler und handverlesenen Plakaten sowie Flyern.
Hier sieht es aus wie im Partykeller unserer Eltern, und so ergeben sich auch die Abende, ungezwungen und nicht mit Tanzbefehl von Anfang an…. Die Leute kommen hier zusammen und verbringen den Abend gemeinsam, mit sehr guten Drinks, qualitativ hochwertiger Musik und netter Crew, von der Tür bis zur Bar und den DJs oder Liveacts. José James, Little Dragon, Wicked Jazz Sounds und vor allem Nachttierhaus und The Ohohohs spielten schon öfters, auch auf eigenen Wunsch, auf unserer kleinen Bühne. Die Lichtstimmung ist eher gedämpft, keinerlei zuckende und nervende Effekte. Je tiefer die Nacht, desto dunkler das Licht. Auch das spontan und ohne sinnlos durchgezogenem Konzept. So wie unsere DJ-Sets auch, schließlich machen wir das schon sehr lange, und was zählt, ist “going with the flow”. das Publikum selbst ist auch ein Teil des Ganzen. Give & Take sozusagen. Im Partykeller spielten auch DJs wie Gilles Peterson oder mr scruff ihre besten Sets. Man kann völlig loslassen, der ein oder andere Jazzklassiker oder eine Blues- Engtanzrunde haben auch schon zur Prime Time mal voll reingehauen.

Unsere Gäste lassen auch meist los. Kein langweiliges Rumstehen und Abchecken, sondern aktiver, selbstverständlicher Teil des Abends. Also abschließend: die gute Musik haben wir, den guten Sound auch (ein Original Vintage Bozak DJ Mixer aus New York ist auch immer im Einsatz), gute Drinks abseits dessen, was hier sonst so aufgetischt wird in den Clubs, die Original Kellerbar aus einer Villa plus andere Vintage Möbel, ein Saloon-Piano am Eingang – nun muss nur noch die Energie fließen. Ich halte übrigens rein gar nichts von aufgeblasenen, mit Hype versehenen Partys, so wie zur EMA-Week geschehen. Heiße Luft meistens. Auch deshalb bleibt Enzo überwiegend aus der Presse und anderen Medien draußen.

15 Jahre Soulsearching Radioshow – die zentrale Veranstaltung dazu oder ist da noch mehr geplant? Livekonzerte sind ja erst für 2013 geplant, die aber dann unabhängig vom Jubiläum?
Was den Clubbereich betrifft, ist der Abend mit Richard Dorfmeister die zentrale Veranstaltung. Zufällig ergab sich dazu, dass auch Radio X am 24.11. mit dem Tag der offenen Tür das 15-jährige begeht. Hier begann schließlich im September 1997 auch für mich der offizielle Weg des Radios. Ich werde dort am Nachmittag auch kurz am Mikro sein, so zwischen 15-16 Uhr, bevor ich “Rich” vom Flughafen abhole. Und ja, die Livegeschichten, Alice Russell, MopMop, José James werden erst in 2013 stattfinden, obwohl ich diese gerne auch zum Jubiläum zählen würde. Das gehört schließlich zu meiner Entwicklung vom Radio- und Partymacher zum Livekonzert-Veranstalter dazu. Wäre dann aber eher ein 15 ½-Jähriges…. Wie auch immer, präsentiert werden die Abende natürlich von soulsearching. Übrigens werde ich am 22.11. , 21-23 Uhr eine Spezialsendung zum 15-Jährigen via Radio X ausstrahlen.

20. November 2012
Interview: Detlef Kinsler